Unterscheidung der Feldwespen
Unterfamilie Polistinae
Diese interessanten Wespen sind kaum mit einer
Hornisse zu verwechseln. Beachten Sie besonders die schlankere Silhouette, die
geringere Größe und die sehr langen Beine, die beim Flug stets weit herunter
hängen. Bei genauem Hinsehen werden die Unterschiede zur Hornisse sehr schnell
deutlich!
Weltweit sind etwa 630 Arten der Feldwespen
bekannt, sie gehören ebenso zur Familie der Faltenwespen (Vespidae). Schwerpunkte
ihrer Verbreitung liegen in den Tropen und Subtropen. Sie bilden als
Gegenstück zu den Vespinae (Soziale Faltenwespen, Echte Wespen) eine
weitere Unterfamilie Polistinae.
Nur 5 Arten, (die alle zur
Gattung Polistes Latreille, 1802 gehören), leben davon in Deutschland:
-
Polistes bischoffi
Weyrauch, 1937 Zierliche Feldwespe
-
Polistes biglumis bimaculatus
(Geoffroy, 1785) Berg-Feldwespe
-> Die Nominatart heißt Polistes biglumis (Linnaeus,
1758), in Deutschland kommt nur die Unterart vor
-
Polistes dominula
(Christ, 1791) Haus-Feldwespe, Gallische - oder Französische Feldwespe
-
Polistes nimpha
(Christ, 1791) Heide-Feldwespe
-
Polistes atrimandibularis
Zimmermann, 1930 Berg-Feldwespen-Kuckuckswespe
Polistes atrimandibularis gilt in der BRD als ausgestorben bzw.
verschollen. Für diese Art liegen nur einige (z.T. fragwürdigen)
Altnachweise aus der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts vor.
Verschiedentlich in der Fachliteratur auch in die Untergattung Sulcopolistes eingeordnet, also
synonym Sulcopolistes atrimandibularis benannt.
Bei dieser Art handelt es sich um eine
sozialparasitische Kuckuckswespe, die Staaten von
Polistes biglumis aufsucht.
Foto: Thomas Rickinger; Arbeiterin von Polistes nimpha auf
Seerosenblatt
Die Feldwespen sind den höher entwickelten
Echten Wespen der Unterfamilie Vespinae in Aussehen und Verhalten ziemlich
ähnlich, und werden daher manchmal sogar für Hornissen gehalten:
-
Sie weisen eine typische schwarz-gelbe
Warnfärbung auf.
-
Feldwespen sind eusozial, denn auch
diese Arten gründen kleine Völker.
-
Beide Unterfamilien (Vespinae und Polistinae)
bauen Nester aus papierähnlichen Stoffen, welche aus morschen und
zerkauten Holzfasern gebildet werden (daher werden sie auch Papierwespen genannt
- im Gegensatz zur weiteren Unterfamilie Eumenidae,
den Lehmwespen, die ihre Nester vorwiegend im Lehm oder mit Lehm bauen.
-
Die heimischen Arten der Feldwespen fliegen zwischen
April und September.
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Foto: Thomas Rickinger; Drohn von Polistes nimpha beim
Sonnenbad
Foto: Thomas Rickinger; Drohn von Polistes sp. mit typ. Erkennungsmerkmal, den eingerollten Fühlerspitzen
Foto: Volker Borovsky; Kolonie von Polistes nimpha
Allerdings gibt es
auch bedeutende Unterschiede zu den Echten Wespen:
-
Das beste Unterscheidungsmerkmal ist die
Form der Wespentaille! Bei den Feldwespen verjüngt sich der Hinterleib
an seinem Vorderende allmählich spindelförmig zum Brustkorb hin. Bei den Echten
Wespen hingegen geht er abrupt in den dünnen Petiolus über, er sieht daher an
seiner Basis aus wie senkrecht abgestutzt. Dieses Merkmal ist auch bei ruhenden
oder toten Tieren einwandfrei zu erkennen
-
Die langen Beine hängen beim Flug der
Feldwespen sehr weit herunter, ein sicheres Erkennungszeichen. Ebenso ist
der insgesamt sehr schlanke Körperbau ein Merkmal.
-
Die Männchen (Drohne) haben
grünlich-gelb-weiße Facettenaugen und die Antennenspitzen
("Fühlerspitzen") sind etwas
eingerollt.
-
Königinnen und Arbeiterinnen
sind vor allem in der späteren Saison aber oft nur noch schwer zu unterscheiden,
weil beide dann fast gleich groß werden. Der Kastendimorphismus ist bei
Feldwespen eher schwach ausgeprägt.
Foto: Thomas Rickinger; Kolonie von Polistes
dominula
Foto: Thomas Rickinger; Jungköniginnen von Polistes
dominula
Meistens werden die Nester an südexponierten,
xerothermen, recht sonnendurchwärmten Stellen aufgebaut, um die passive Erwärmung der Brutzellen zu nutzen. Polistes bischoffi
bewohnt als Lebensraum allerdings bevorzugt Feuchtgebiete und Schilfbiotope. Einige Arten wie die
Gallische Wespe Polistes dominula nutzt gerne Lebensräume im menschlichen Siedlungsbereich, also sie
zeigt eindeutig eine Tendenz zur so genannten Synanthropie.
-
Das Nest wird in den meisten Fällen
durch ein einziges Weibchen (Königin) gegründet (haplometrotisch).
Vereinzelt ist auch eine Nestgründung von mehreren Weibchen (Königinnen)
zu beobachten (pleometrotisch). In der Zeit der Nestbetreuung kommt
bei beiden vorgenannten Gründungstypen die Polygynie häufig vor, d.h. ein
Volk kann durchaus auch von mehreren Weibchen (Königinnen) betreut werden (Polygyne
Nester). Meistens finden sich zu dieser Gemeinschaftsbetreuung Schwesterntiere
zusammen. Bei polygynen Nestgründungen wird sehr früh eine Rangordnung
etabliert. Das dominierende Alpha-Tier (Alpha-Weibchen) legt die
Mehrheit der Eier, die rangniederen Mitgründerinnen fungieren
hauptsächlich als "Arbeiterinnen". Sie werden später meist vertrieben
oder gar getötet, sobald die ersten echten Arbeiterinnen schlüpfen. Polygynie
bringt populationsbiologisch Vorteile zur Erhaltung der Art mit sich
(wie besserer Schutz vor Feinden, erhöhte Produktion von Zellen, Verlust einer
Königin, etc.).
-
Waben und Völker sind deutlich kleiner
als die in der Bevölkerung bekannteren Echten Wespen (Vespinae).
-
Nester der Feldwespen sind immer hüllenlos,
auch wenn verschiedentlich anders berichtet wird. Feldwespen bauen nur eine
einzige Wabe und diese liegt stets frei und offen - ohne irgendeine
schützende Nesthülle, wie es auf dem obigen Foto gut zu sehen ist. Das
ist auch ein typisches Unterscheidungsmerkmal zu den Echten Wespen, deren
Nester (außer in einem sehr frühen Stadium) stets von einer Nesthülle umgeben
sind oder zumindest den Ansatz einer solchen zeigen. An unser häufig
ungemütliches Klima haben sich die Feldwespen insofern angepasst, dass sie als
Nistort hierzulande häufig wettergeschützte Unterstände wählen.
-
Die Waben heften die Feldwespen mit einem
zentralen Stiel an Pflanzen und andere geeignete Substrate wie
Holz, überhängende Steine etc. an. Bei großen Waben wird die Stabilität durch weitere
Nebenstiele erhöht. Als eine gut zu verteidigende Engstelle gegen
Ameisen dient der meist recht kurze Stiel zwischen Wabe und Substrat.
Fotos: Volker Borovsky; Polistes
dominula
Bei Temperaturanstiegen im Nest setzen sich
die Feldwespen an den Oberrand der Wabe, um durch Flügelfächeln die überschüssige
Wärme abzutransportieren - wie man es bei den Hornissen ebenso beobachten kann.
An extrem heißen Tagen wird zusätzlich Wasser in die Zellen
transportiert, das Verdunstungskälte erzeugt. Auf diese Weise kann eine
für die Brut schädliche Temperatur vermieden und tagsüber eine konstante Nesttemperatur
gehalten werden.
Fotos: Volker Borovsky; Polistes
nimpha
Dazu eine Beobachtung
von Volker Borovsky: "Bei mir im Garten stehen im Sommer immer Kübel,
die mit Wasser gefüllt sind. Zur besseren Eignung als Gießwasser wird es durch
die Sonne angewärmt. Polistes benötigt zur Nestkühlung wie unsere Bienen
und Echten Wespen bei heißen Temperaturen Wasser. Polistes um so mehr, da
die offenen Waben mitunter der Sonne direkt ausgesetzt sind.
Einige Male konnte ich zu meiner Überraschung
feststellen, dass Polistes dominula nicht nur am Kübelrand Wasser
aufnimmt, sondern mit weit gespreizten Beinen mitten auf der Wasserfläche
aufsitzt und von dieser auch leicht wieder abhebt. Eine Beobachtung, die ich in
der mir zugänglichen Literatur bisher nicht gefunden habe. Alle andere
Wespenverwandten sind wegen des anderen Körperbaus dazu nicht in der Lage."
Dazu eine Beobachtung
von Thomas Rickinger: "
Dem letzten Satz dieser sehr schönen Darstellung eines für Polistes typischen
Verhaltens wäre jedoch zu widersprechen: zumindest die Deutsche Wespe (Vespa
germanica) kann das
nämlich auch, wie das beigefügte Foto zeigt. Allerdings handelt es sich dabei
wirklich um einen absoluten Ausnahmefall. Normalerweise lassen sich die
anderen Wespenarten zur Wasseraufnahme praktisch immer auf einen festen
Untergrund (Teichufer, Seerosenblätter, ins Wasser hängende Zweige etc.)
nieder.
Wie auf dem Bild deutlich zu
erkennen, dellt sich die Wasseroberfläche unter den Beinen der Wespe, doch ist
die Oberflächenspannung groß genug um zu verhindern, dass das Tier
einbricht. Ziemlich riskant ist diese Aktion dennoch: kommt es doch immer
wieder vor, dass die trinkende Wespe von anderen Sammlerinnen angerempelt und
unter Wasser gedrückt wird. Ertrunkene Wespen waren an meinem – im Sommer
viel beflogenen – Teich in den vergangenen Jahren daher ein fast alltägliches
Ereignis.
Foto: Thomas Rickinger; Deutsche Wespe
Vespa germanica sitzt direkt auf der Wasseroberfläche auf
Foto: Volker Borovsky; Kolonie von Polistes dominula
Feldwespen sind in
der Regel sehr friedfertig.
Nur bei Erschütterung des Nestes oder
Belästigung am Nest werden Flugattacken geflogen. Polistes
bischoffi gilt dabei als angriffslustigste Art im unmittelbaren Nestbereich.
Stiche verursachen, wenn überhaupt, nur einen kurz andauernden Schmerz.
Man sollte Feldwespennester im menschlichen Siedlungsbereich also unbedingt
tolerieren und schützen.
Foto: Dieter Kosmeier; Feldwespe
beim abraspeln von Baumaterial
Feldwespen jagen
vorwiegend weichhäutige und nicht allzu mobile Beute wie z.B.
Schmetterlingsraupen. Doch
gerne nehmen sie auch Nektar auf.
Foto: Volker Borovsky; Polistes dominula
Fotos: Evghenyi Martunov, Chuvashia in Russland; Polistes nimpha baut ihr Nest in einer Metallbox
In einigen Ländern werden Polistes gezielt zur
biologischen Schädlingbekämpfung eingesetzt und auch im heimischen
Gemüsebeet räumen sie gelegentlich unter verschiedenen Schadinsekten auf. Also
sollte man froh sein, sie im eigenen Garten beherbergen zu dürfen.
Eine
weitere interessante Beobachtung
von Volker Borovsky: "In unseren Dachböden bleiben sehr oft einzelne
Jungköniginnen während des Winters auf dem alten Nest sitzen. Sie befinden
sich in Winterstarre, reagieren aber auch bei etlichen Minusgraden auf eine
Störung (Berührung) sofort mit Bewegung und versuchen sich sehr mühselig auf der
Rückseite des Nestes in Sicherheit zu bringen. Dabei können sie auch
abstürzen, weil sie steif und ungeschickt sind. Königinnen von Vespula
vulgaris und V. germanica befinden sich hingegen in einer
todesähnlichen Starre und reagieren auch nicht auf Berührung."
Parasit der Feldwespen -
Latibulus argiolus (Rossi, 1790) - Synonym:
Endurus argiolus
Beobachtungen von Volker Borovsky
Latibulus argiolus (Rossi, 1790) ist als
Schlupfwespe
ein Parasit bei Polistes dominula. Ein verstärktes Auftreten dieser Art
kann das Feldwespennest zum frühzeitigen Absterben bringen, weil der
entsprechende Nachwuchs an Jungarbeiterinnen ausbleibt. Die zierlichen Insekten,
von denen ich leider noch kein brauchbares Foto besitze, lauern in Nestnähe auf
eine günstige Gelegenheit, um in wenigen Sekunden ein Ei in eine Zelle zu legen.
Dabei bringt sie das ganze Nest in Aufruhr, aber sie scheint immer wieder zu
entkommen. Ob das Ei als "Kuckucksei" aufgezogen wird, oder ob die aus dem Ei
schlüpfende Larve eine erwachsene Larve oder Puppe der Feldwespen auffrisst, ist
mir nicht bekannt. Soweit ich feststellen konnte, gibt es dazu keine Literatur.
Die befallenen Zellen sind schließlich an der
tiefer liegenden, schrägen und planen Zellverdeckelung zu erkennen. Es entstehen
2 Generationen von Schlupfwespen: Die erste Generation umgibt sich nur mit einem
dünnseidigen, gelblichen Gespinst innerhalb der Zelle. Das fertige Insekt
schlüpft noch im Sommer, wobei es nur die Gespinsthülle und den durchsichtigen
Zelldeckel durchbeißen muss. Die 2. Generation bereitet sich auf die
Überwinterung im Larvenstadium vor: Es wird ein plastikartiger, brauner und
sehr
widerstandsfähiger Kokon in der Zelle gesponnen. Er schützt vor Austrocknung,
Feuchtigkeit und Schimmelbildung.
Sehr bemerkenswert ist, dass die Larve mit dem
Kokon "wandern" kann. Durch ruckartige Bewegungen der Larve schlägt der Kokon
mit einem deutlich hörbaren Geräusch gegen die Zellwände bis der dünne
Zelldeckel durchstoßen wird und der Kokon zu Boden fällt. Auch dort kann der
Kokon noch einige dm "wegrollen", bis er in eine Vertiefung fällt und dort
überwintert. Ich hab diese Tierchen oft beobachten können, bei monogynen Nestern
mit keinen oder erst wenigen Arbeiterinnen werden sie zum Problem. Sie sind bei
uns häufig."
Latibulus argiolus (Rossi, 1790) im
Puppenstadium
Fotos: Volker Borovsky;
Latibulus argiolus (Rossi, 1790)
Auffallend sind die besonders großen
Augen, die langen Antennen und Beine
Auffallend sind die besonders großen
Augen, die langen Antennen und Beine
Ein späteres Stadium
ausgewachsen ...
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www.hornissenschutz.de
www.vespa-crabro.de
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